Mein erstes Radrennen | Cyclassics Hamburg

Und schon wieder: Was für ein Wochenende! Mit der aktuellen und ehemaligen Elite im Rennradsport an der Elbe entlang fahren, zwischen den Top Team weltweit Abend zu Essen und dann auch noch selber bei einem Rennen dabei sein – ein nicht ganz so typisches Wochenende, aber dafür eines, dass ich sicherlich nicht so schnell vergessen werde.

Als mich das Team von „Alpecin Cycling“ gefragt hat, ob ich nicht Lust habe bei den „Cyclassics“ dabei zu sein, war meine Antwort (nachdem ich kurz gegoogelt habe, ich Profi) sofort: „unbedingt!“ Seit ein paar Jahren sitze ich immer mal wieder auf dem Rennrad, letztes Jahr habe ich mir ein Eigenes gekauft und habe dieses Jahr damit meinen ersten Triathlon absolviert. Zugegeben: Ich sollte für mich behalten, dass ich bis dato keine 1000 Kilometer in 2019 geschafft habe, aber let’s keep it real.

Mittlerweile wisst ihr ja, dass mich mäßige Vorbereitung von einer solchen Möglichkeit nicht abhält – bei mir steht immer noch Spaß, Erfahrung und Gesundheit im Vordergrund, ganz weit vor Gewinnen, besser sein als oder irgendjemandem etwas beweisen zu müssen.

Bei den Cyclassics Hamburg kann man Distanzen zwischen 60, 100 und 160 Kilometer wählen: Die goldene Mitte hat hier am meisten Sinn für mich gemacht. Da das Rennen am Sonntag statt fand, reiste ich bereits Freitag an, es war schließlich einiges an Rahmenprogramm geboten! Das Team von Alpecin stellte uns Testbikes zur Verfügung, ich probierte mich durch so einige Modelle und Rahmengrößen von Canyon und bin schließlich bei dem „Ultimate cf slx“ in Rahmengröße S (bei 178cm) gelandet.

Neben mir waren noch einige andere Blogger, Journalisten und natürlich Mitglieder vom „Team Alpecin“ dabei. Alpecin stellt mittlerweile zum 13. Jahr ein Jedermann Team, für das man sich bewerben kann und betreut wird wie Profis. Trainingspläne von Experten, Materialunterstützung und die Möglichkeit bei den unterschiedlichsten Rennen teilzunehmen – wie cool ist das? Die Bewerbungsphase für das Jedermann Team 2020 startet übrigens Ende des Jahres!

Die Ausfahrten entlang Hamburgs Elbdeichen waren eigentlich schon ein Erlebnis, das einen eigenen Bericht braucht: Nicht nur die ehemaligen Radlegenden Erik Zabel (über 200 Siege, u.a. 2001 die Cyclassics, jetzt Performance Manager bei Katusha Alepecin) und Jörg Ludewig (mittlerweile Head of Sportmarketing) begleiteten uns, auch Nils Politt, aktuell einer der Top Fahrer bei Katusha Alpecin, war bei einer Ausfahrt mit dabei!

Raceday! Und damit komme ich auch zu den von euch am meist gestelltesten Fragen: Wie wars, wie hast du dich dabei gefühlt und wie gefährlich ist so ein Radrennen?

Zugegeben, am meisten Kopfschmerzen vorab bereiteten mir die anderen 16.000 Teilnehmer und dass ich irgendwie in einen Unfall verwickelt werden könnte. Ich weiß wann und wie ich mich in der Gruppe verhalten muss, kenne es aber auch von meinen Ausfahrten, dass einige Rennradfahrer noch nie was von Handzeichen oder Gefahren bei spontanen Manövern gehört haben. Falls ihr euch angesprochen fühlt (oder auch einfach nur nochmal auffrischen / sicher gehen möchtet, ob ihr noch alles wisst) gibt es hier einen Link, der das nochmal ganz gut zusammenfasst.

Aber schon mal vorab: Mir ist nichts passiert, es gab keine einzige brenzlige Situation, allerdings gab es schon so einige Stürze und auch Verletzte im Rennen.

Der Start erfolge bei perfekten Bedingungen in Startblöcken, sodass man sich nicht in einem Massenstart wiederfand. Zuvor hatte man seine angestrebte Durchschnittsgeschwindigkeit angegeben und wurde entsprechend eingeteilt. Eine wie ich finde gute Lösung, man wird nicht „überrannt“ und muss sich auch nicht vorkämpfen.

Da es mein erstes Radrennen war hatte ich zugegebenermaßen überhaupt keine Ahnung wie ich mich am Besten positioniere, ob ich in großen Pulks mitfahren sollte, lieber alleine fahre oder mich einer kleineren Gruppe anschließen sollte. Da ich mit dem Team Alpecin (ein Jedermann Team, dass von Alpecin unterstützt wird) an den Start ging habe ich mich größtenteils an ihnen orientiert und versucht mitzuhalten.

Irgendwann hatte ich aber auch hier den Anschluss verloren und war auf mich „alleine“ gestellt. Natürlich nicht wortwörtlich, es waren immer Fahrer um mich herum und man nutze den gegenseitigen Windschatten.

Was mich absolut überrascht hat, ist dass einige Fahrer ausschließlich den Windschatten nutzen. Ich kenne es von meinen Touren mit Freunden, dass man sich hier abwechselt und gemeinsam „kämpft“ – klar, wer vorne ist, muss viel mehr Kraft aufwenden, als diejenigen, die dahinter fahren und weniger Windwiderstand haben- etwa 30% übrigens!

Es wird mit Handzeichen (die auch hier im allgemeinen leider relativ wenig genutzt wurden) angezeigt, dass man tauschen möchte/muss – wenn hier niemand ablöst ist es natürlich super ärgerlich!

Das ganze Rennen habe ich versucht wieder zu „meinem“ Team aufzuschließen und mich von Gruppe zu Gruppe nach vorne gekämpft – ohne Erfolg. Bei Kilometer 80 erfuhrt ich von unserem Fotografen, der uns auf dem Motorrad begleitete, dass genau das ein unmögliches Unterfangen war, da das Team hinter und nicht mir vor mir war!

Nachdem ich kurz überlegt hatte mich zurück fallen zu lassen, um wieder gemeinsam zu fahren, entschied ich mich die letzten 20 Kilometer auch noch „alleine“ zu absolvieren. Kurz vor dem Ziel schloss ich noch zu Daniel auf – er ließ sich den Schlusssprint nicht nehmen, ich ging lieber auf Nummer sicher und fuhr unfallfrei ins Ziel ein.

101,84 Kilometer in 2 Stunden 37 Minuten und 32 Sekunden lagen hinter mir. Und damit ein Wettkampf bei dem ich zum allerersten Mal selber von mir überrascht war. Die Beine zitterten, Adrenalin noch im ganzen Körper, gefühlt konnte ich Salzkrusten von meiner Haut ziehen.

Es war das erste Mal, dass ich mich und meine Leistungen so falsch einschätze. Ich weiß eigentlich ziemlich gut was machbar ist und was nicht und wo meine Grenzen sind.

Ich habe mich bei dem Rennen für eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 30km/h angemeldet und bin mit 38.3km/h ins Ziel gekommen. Damit wurde ich 29. Frau (15. in meiner Altersklasse) und war unter den besten 5%. Ein bisschen stolz kann man da definitiv sein, oder?

Lars kam noch einige Minuten vor uns ins Ziel und erwartete uns quasi schon mit dem obligatorischen Erdinger Alkoholfrei Zielgetränk. Eine (wirklich schöne!) Medaille gab es natürlich auch und nachdem der erste Durst gestillt war und die Beine etwas ruhiger wurden, machten wir uns zurück zum Zielbereich auf, in dem das Alpecin Team auf uns wartete.

So langsam trudelten auch alle restlichen Fahrer ein, die meisten gönnten sich eine Kopfmassage inklusive Haarschnittauffrischung und Styling im Alpecin Zelt (wie cool ist das?! Übrigens war das natürlich für Jedermann zugänglich) und es gab gegenseitige Beglückwünschungen.

Ich flitzte dann kurz zurück ins Hotel um zu duschen, um dann in alter Frische das Rennen der Elite zu verfolgen. 20 Profiteams mit jeweils sieben Fahrern gingen an den Start um ein 216,7km langes Rennen anzutreten. Das Rennen zählt zur UCI World Tour, der höchsten Kategorie des Radsports und war dementsprechend wichtig und spannend.

Bei der 24. Auflage der Hamburg Cyclassics hat Elia Viviani zum dritten Mal in Folge gewonnen! Das hat vor ihm noch niemand geschafft und das ganze Event war somit um ein Highlight reicher.

Ob ich nun angefixt vom Rennradfahren bin? Etwas anderes als ein klares „JA“ wäre hier absolut fehl am Platz.


Danke an das Team Alpecin für die Einladung und die unvergessliche Zeit!
Photocredit: Stefan Rachow

5 Comments

  • Antworten Oktober 17, 2019

    Johannes

    Wow das sieht mega aus. Wie lang fährst Du schon Rennrad? Wie viele Kilometer im Jahr, hast Du das irgendwie getrackt oder so?

    • Antworten Oktober 18, 2019

      Lindarella

      Hi Johannes,
      ich hab mir vor zwei Jahren mein erstes Rennrad gekauft 🙂
      Ich tracke mit Strava, aber dieses Jahr waren es leider nicht mal 1000 Kilometer…
      LG

  • Antworten September 17, 2019

    Liz

    Wow tolle Leistung!

    xx Liz von
    http://www.lizmarshall.de

  • Antworten September 1, 2019

    Alina

    Oha 38.3km/h – super! Wie viele Höhenmeter waren es denn?

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